Die vier Säulen der Gesundheit
Ernährung (Ahar)
Was wir essen nährt nicht nur unseren Körper, es hat auch eine tiefgreifende Wirkung auf unseren Geist und unsere Gefühle. Jedes Lebensmittel besitzt unterschiedliche energetische Qualitäten, die unseren natürlichen Zustand entweder ausgleichen oder stören können.
Um herauszufinden, ob unsere Lebensmittel tatsächlich zum nährenden Mittel für unser Leben werden, können wir uns folgende Fragen stellen:
1) Enthält das Essen Energie?
Wir sind gewohnt, die Qualität von Lebensmitteln unter einem wissenschaftlichen Blickwinkel zu beurteilen, nach enthaltenen Nährstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren etc. Diese Betrachtungsweise verleitet dazu, die lebendige Energie, die in Nahrung enthalten ist zu vernachlässigen und uns stattdessen an den angeführten Nährstoffen und Inhaltstoffen zu orientieren. So greifen wir vielleicht nach verarbeiteten Lebensmitteln wie vorgekochter Roter Beete, Apfelmus, Tiefkühlgemüse oder Popcorn aus der Tüte.
Im Ayurveda wird nicht nur beim Essen von „Prana“ gesprochen, das Sanskrit Wort für Lebensenergie oder kosmische Urenergie. Das meiste Prana, die meiste Lebensenergie ist vor allem in frischen, pflanzlichen Lebensmitteln enthalten.
Die Lebensenergie, die wir von frischen Nahrungsmitteln erhalten, ist Energie, die wir im Alltag spüren. Sie stärkt unsere Verdauung und hilft uns dabei, die enthaltenen Nährstoffe aufnehmen zu können, um daraus selbst Kraft und Energie zu gewinnen.
2) Was esse ich?
Unser Essen kann uns zufrieden, satt und ausgeglichen machen. Ayurveda empfiehlt eine Mischung aus aufbauenden Lebensmitteln, die uns erden und extraktiven Lebensmitteln, die eine reinigende Wirkung haben.
Zu den aufbauenden Lebensmittelen zählen hochwertiges Getreide, und süßes Gemüse wie Wurzelgemüse, Zucchini oder Kürbis. Sie helfen uns bei der Verdauung, nähren alle Körpergewebe und beruhigen Vata Dosha.
Zu den extraktiven Lebensmitteln zählen Hülsenfrüchte und Gemüsesorten mit bitterem, zusammenziehendem oder scharfem Geschmack, wie z.B. Blumenkohl, Brokkoli, Kohlgemüse und grünes Blattgemüse. Sie tragen dazu bei, dass Toxine über den Verdauungstrakt zu eliminieren und wir fühlen uns leicht. Ein Übermaß an extraktiven Lebensmitteln stört Vata Dosha und kann zu Verstopfung und innerer Unruhe und Gefühlen wie Angst führen, die dem Vata Dosha zugeordnet sind.
3) Wie esse ich?
Wenn wir Nahrung als Säule für Gesundheit betrachten, ist WIE wir essen, ebenso wichtig wie WAS wir essen.
Wenn wir beim Essen in Eile sind oder dann essen, wenn wir traurig, wütend oder aufgeregt sind, verursacht dies Verdauungsstörungen. Es macht einen großen Unterschied, wie präsent und bewusst wir uns unseren Mahlzeiten zuwenden. Achtsame Essgewohnheiten beinhalten z. B. in einer ruhigen Umgebung zu essen, die Nahrung gründlich zu kauen und in regelmäßigen Abständen zu essen. Die Achtsamkeit hilft uns auch dabei auf die natürlichen Hunger- und Sättigungssignale des Körpers zu hören und übermäßiges Essen zu vermeiden.
4) Kann ich das Essen verdauen?
Lebensmittel, die eine hohe Menge an Vitaminen und Spurenelementen enthalten, sind nicht immer die beste Wahl. Nüsse beispielsweise sind bekannt für ihre gesundheitsfördernden Effekt, sie sind reich an Nährstoffen wie Vitamin E, Magnesium und Kalzium, sie enthalten gesunde Fettsäuren, pflanzliches Protein sowie Ballaststoffe.
Ist der Zustand unserer Verdauung jedoch geschwächt, ist unser Verdauungsfeuer Agni nicht stark genug, bringt uns der Verzehr von Nüssen in ein Ungleichgewicht. Anstatt die guten Inhaltsstoffe aufzunehmen, entstehen unverdaute Stoffwechselrückstände und wir bauen Toxine und Schlacken im Körper auf.
Die ayurvedische Küche verwendet vor allem deshalb viele Gewürze, damit der Verdauungsprozess unterstützt wird.
Wenn wir das Prinzip von Agni, unserem Verdauungsfeuer, verstanden haben, halten wir das wichtigste Mittel selbst in der Hand, um uns körperlich und gesund zu halten. Mit Agni verdauen wir nämlich nicht nur unsere Nahrung, sondern alles, was durch unsere fünf Sinne auf uns einströmt.
Lifestyle (Vihar)
Unser modernes Leben ist vor allem eines – vollgepackt. Wir haben heute in unseren vielfältigen Rollen in Privatleben und Beruf mehr als je zuvor die Möglichkeit durch unsere Aktivitäten in der Welt zu glänzen. Der Erfolg auf den vielen äußeren Ebenen zeigt jedoch seine Schattenseiten, wenn wir die eigene Leistungsfähigkeit aus den Augen verlieren und unsere körperlichen und emotionalen Grenzen nicht mehr beachten.
Gehen wir in die Rolle der „Lebens-ManagerInnen“ und vergessen dabei, das Leben mit all seinen spontanen Geschenken wirklich zu leben, wird die Verbindung zu unserer innersten intuitiven Weisheit darunter leiden. Das ständige „Tun“ betäubt uns für die uns innewohnende Weisheit, die es uns ermöglichen würde, die richtigen Entscheidungen im richtigen Moment zu treffen. Entscheidungen, die zu Ausgeglichenheit, Gesundheit und Wohlbefinden führen – für uns selbst, unsere Familien, unsere KollegInnen und MitarbeiterInnen und die Gesellschaft.
Ein ausgeglichener Lifestyle beinhaltet Raum für Spielerisches und Freudvolles. Entspannung und Bewegung spielen dabei ebenso eine Rolle wie liebevolle und respektvolle Beziehungen.
Mit dem ayurvedischen Wissen zum Leben im Einklang mit den Tages- und Jahreszeiten, können wir eine stabile Basis für Wohlbefinden und Gesundheit aufbauen. Dinacharya (Dina – der Tag, Acharya – Meister) ist das Wissen, wie wir den Tag meistern können und achtsame Gewohnheiten aufbauen, die uns zu Gesundheit und Wohlbefinden führen. Mit Dinacharya nutzen wir den natürlichen Tagesrhythmus der Natur, den Zyklus der Doshas, sodass wir in Harmonie mit dem Moment leben und so mehr oder mehr Balance zwischen dem Innen und Außen aufbauen.
Die ayurvedische Tagesroutine berücksichtigt beispielweise:
- Schlafens- und Aufstehzeiten
- Essenszeiten
- Reinigungsrituale wie z.B. Zungenschaben vor dem Zähne putzen
- Meditation
- Körperliche Bewegung im richtigen Ausmaß und zur passenden Tageszeit
- uvm.
Schlaf (Nidra)
Ausreichend und qualitativ hochwertiger Schlaf ist für körperliche und geistige Gesundheit unerlässlich. Im Schlaf leistet unser Körper nicht nur Stoffwechsel- und Reinigungsprozesse, wir verdauen auch auf geistig und emotionaler Ebene alles, was wir über unsere fünf Sinne zu uns genommen haben.
Zu viel oder zu wenig Schlaf hat Folgen. Zu wenig Schlaf stört das Vata-Dosha, während zu viel Schlaf das Kapha-Dosha stört. Aus unserem Schlafverhalten lassen sich auch Rückschlüsse auf unseren gegenwärtigen Zustand ziehen, denn jedes Doha zeigt sich unterschiedlich – auch in unserem Schlafverhalten. Wenn wir z.B. regelmäßig zwischen 2 und 6 Uhr morgens aufwachen und Schwierigkeiten haben, wieder einzuschlafen, ist das ein Zeichen für ein Übermaß an Vata.
Ayurveda bietet eine Fülle an Mitteln, um zu hochwertigem und ausreichendem Schlaf zu finden. Oft sind es kleine Änderungen an unserem Tagesablauf, unserer Ernährung oder unserem Lifestyle, die wir selbst in der Hand haben, um unsere Schlafqualität zu verbessern.
Umgang mit unserer Energie (Brahmacharya)
Brahmacharya bedeutet Achtsamkeit über unseren Geist, unseren Körper und unsere Sinne, so dass wir in der Lage sind unsere Lebensenergie (‚Prana‘) schützen zu können.
Es geht dabei vor allem darum, wahrzunehmen, was vor sich geht und sich bewusst zu machen, wie wir unsere Energie, unser Prana, leiten und bewahren.
Beispiele für „Energieräuber“ im Alltag:
- Negative Gedankenmuster.
- Unachtsame, gewohnheitsmäßige Handlungen, die dazu führen dazu, dass wir nicht im Leben präsent sind.
- Jedes Übermaß an Aktivität (Arbeit, Essen, Reden, sexuelle Aktivität, Reisen, laute Musik, Social Media, etc.)
- Über die eigenen Grenzen gehen, indem wir Müdigkeit z.B. durch Kaffee ausgleichen.
Mit Ayurveda können wir lernen, bewusst mit unserem Prana zu arbeiten. Mit ein paar Minuten bewusster Zuwendung pro Tag, z.B. in Form von Meditation oder Yoga, lernen wir uns selbst immer besser kennen. Wir werden so immer wachsamer und beginnen unser Verhalten in verschiedenen Situationen zu beobachten, um dann bewusst zu wählen, wie wir darauf reagieren. So werden wir immer präsenter im Leben und können gewohnheitsmäßige Reaktionen durch bewusste Entscheidungen ersetzen.