Podcast: Zeit mit sich selbst – Meditation und Spiritualität als Quelle der Kraft mit Florian Palzinsky
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Florian Palzinsky ist Meditations- und Yogalehrer. Er leitet Retreats, Kurse und Workshops rund um Yoga, Meditation und Spiritualität. Er ist Gastdozent bei Yogalehrer-Ausbildungen, schreibt regelmäßig für „Yoga Aktuell“ und ist Buch-Autor.
Im Interview teilt Florian seine Ansichten auf Meditation und Spiritualität. Er spricht über die innere Haltung, die sich ändert, wenn man Zeit mit sich selbst praktiziert.
“Den Gedanken einen Raum geben, in dem sie sich sortieren können – ohne, dass ich selbst anfange zu sortieren.”
Florian Palzinsky
Das erfährst Du im Interview:
- Florians persönlicher Weg vom Buddhistischen Mönch zum Yoga- und Meditationslehrer
- Wie sich im Alltag unterschiedliche Wirklichkeiten ausdrücken
- Wie “einfach” gelebte und religionsfreie Spiritualität aussehen kann
- Die persönliche Yoga Praxis von Florian
- Warum Meditation ein Lebenselixier für ihn ist
- Ideen und Tipps für den Alltag
- 7 Minuten Meditation zum Mitmachen
Mehr über Florian Palzinsky:
WebSite: www.yogaundmeditation.at
Facebook: facebook.com/florian.palzinsky
Youtube: youtube.com/user/palzinskyflorian
Onlinekurs auf Yoga & Socks Academy: www.yogaandsocksacademy.com
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Interview Transkript (automatisch erstellt)
„… jeder schaut nach dir rauf, niemand gibt dir ein ganz natürliches, normales Feedback und das, glaube ich, ist für die spirituelle Entfaltung, aber auch im menschlichen Leben extrem wichtig, dass wir wachsen können. Und wenn das fehlt, dass dir jemand einfach auch mal einen Spiegel vorhält, dann hast du nicht diese Möglichkeit, dass du Themen auch bei dir selber anschauen kannst, die da sind, aber dir die niemand rückmeldet.“
Herzlich willkommen bei Folge 30 von Verstehe Ayurveda. Verstehe dich.
Mein Name ist Ursula Feuerherdt und du hörst den Podcast der Jadeflower Academy.
Florian Palzinsky ist Meditations- und Yoga-Lehrer und hat als junger Erwachsener zwölf Jahre zurückgezogen und asketisch als Mönch in Asien gelebt. Heute steht er voll im Leben und lebt mit seiner Frau am Mondsee bzw. im Süden, wo die beiden gerne die Wintermonate verbringen.
Florian wird regelmäßig für Retreats, Kurse und Workshops rund um Yoga, Meditation und Spiritualität gebucht. Er ist Gastdozent bei Yogalehrerausbildungen, schreibt regelmäßig für Yoga Aktuell und hat zwei Bücher veröffentlicht.
Im Interview teilt Florian seine Ansichten auf Meditation und Spiritualität. Er spricht über die innere Haltung, die sich ändert, wenn man Zeit mit sich selbst praktiziert. Für ihn ist Spiritualität das, was sich hinter dem normalen Blick auf die materielle Welt zeigt, hinter den Konzepten mit denen wir die Welt verstehen.
Er erklärt, wie wir uns auf den Weg dorthin machen können und am Ende des Gesprächs findest du eine sieben Minuten Meditation, in der du einen Geschmack von der Einfachheit und Tiefe bekommst, mit der Florian Meditation als Zeit mit sich selbst vermittelt.
Ich wünsche dir viel Freude beim Hören.
Herzlich Willkommen Florian Palzinsky, ich freue mich sehr, dass du heute bei uns im Podcast bist.
Ja, danke Ursula für die Einladung.
Für diejenigen, die schon länger unseren Podcast verfolgen, die kennen die Daniela Wolf, die schon öfter zu Gast war zum Thema Ayurveda Ernährung.
Und vor mir sitzt jetzt der Florian, du bist Danielas Mann.
Und vielen Dank für die Einladung.
Ich bin heute in eurer schönen Wohnung am Mondsee, wo ich auch schon mit Daniela aufnehmen durfte.
Ich will kurz zu dir erzählen, du hast eine sehr interessante Geschichte.
Du hast dich nach der Matura entschieden für zwei Jahre nach Amerika zu gehen und hast aber dann mit 22 Jahren, hast dich nach Thailand und später nach Sri Lanka gezogen, wo du als buddhistischer Mönch gelebt hast.
Und du sagst selber, es brauchte zwölf asketische Jahre und den Kontakt zum Yoga, bis ich meine neuen Lebensinteressen gegen die Mönchsgrube austauschte.
Heute stehst du für Yoga und Meditation und du hast dem monastischen Leben den Rücken gekehrt und die Spiritualität ist aber nach wie vor ein ganz großer Anker oder Mittelpunkt deines Lebens, stimmt das?
Ja, man könnte das schon so sagen.
Ich würde sogar sagen, dass die Religiosität und fast so auch der blinde Glauben sich mehr gegen eine gelebte Spiritualität getauscht hat.
So würdest du rückblickend deinen buddhistischen Mönchsweg beschreiben?
Also im Rückblick sehe ich das einfach aus einer inneren Not und aus einer wortwörtlichen Notwendigkeit, das mich einfach Richtung Buddhismus gezogen hat.
Das war in einer Phase im Leben, wo ich irgendwie in eine Krise gekommen bin mit sehr jungen Jahren und eigentlich nicht mehr gewusst habe, wo es hingehen soll.
Daraus ist irgendwie das starke Interesse an psychologischen Themen entwickelt und dann auch ist die Brücke rüber zum Buddhismus irgendwie entstanden.
Und daraus habe ich dann gemerkt, da geht sehr viel um Leiden und auch natürlich um den Weg aus dem Leiden heraus und dadurch habe ich mich sehr stark identifizieren können.
Und dann habe ich mich da immer mehr reingearbeitet und war schon sehr, wie soll ich sagen, überzeugt.
Und eben zuerst habe ich gesagt, mit viel Glauben und vielleicht auch blindem Glauben habe ich mich dann in dieses Abenteuer, sage ich mal, gestürzt.
Aber der Weg, also dass man den zwölf Jahre geht, das ist ja doch eine lange Zeit.
Wie prägend ist die heute für dich oder wie sehr hat die deinen Lebensweg beeinflusst?
Auf der einen Seite muss ich zunächst einmal sagen, ich habe nicht, wie ich hier weggegangen bin, gedacht, okay, jetzt mache ich mal das zwölf Jahre und dann schauen wir weiter, sondern ich habe hier alles abgebrochen.
Für mich war es eigentlich klar, das ist der Weg und ich werde nicht mehr zurückkommen.
Also das war definitiv, dass dann natürlich ein Wandel irgendwann einmal passiert ist, hat, ich sage mal, ist wegen meinem Hausverstand und wegen einer gewissen Intuition, dass bestimmte Dinge einfach dann doch nicht so gepasst haben.
Und da bin ich sehr froh.
Und wie es mich geprägt hat, ich würde es am ehesten so bezeichnen, es war fast so eine Art Universität fürs Leben und für meinen Beruf und für meine Berufung jetzt.
Also ich habe da sehr viel mitnehmen können, was ich wahrscheinlich sonst nirgends und auch sicherlich in keiner Ausbildung und bei keinem Lehrer hätte lernen können.
Von dir gibt es ja spannende Dokumentationen, vom ARD sogar, vom ORF.
Ja, es hat einmal eine Doku gegeben, speziell über Sri Lanka, anlässlich allerdings zehnjähriger Jahrestag zur Tsunami, aber da bin ich mit einer Journalistin und Filmemacherin runtergefahren und wir haben sehr viel über mein ehemaliges Mönchleben auch gedreht und gesprochen.
Und da kommt sehr viel vor, auch an den Orten, wo ich damals als Mönch gelebt habe.
Also dieses Thema ist schon öffentlich sehr gut besprochen.
Ich wollte jetzt auch noch einmal darauf zurückkommen, was dich dann dazu bewegt hat, eben die Mönchsrobe zurückzulassen und wieder das weltliche Leben zu führen.
Ich glaube, das hat unterschiedliche Komponenten gehabt.
Eines ist, ich bin von den sehr strengen und engen Vorschriften und Vorstellungen des Buddhismus irgendwie mehr und mehr herausgewachsen.
Ich habe gemerkt, dass einiges einfach überhaupt keinen Sinn macht, dass es irgendwie in der Art, wie ich eine spirituelle Vertiefung entwickeln will, eigentlich nicht hineinpasst.
Das heißt, der blinde Glaube ist mir in den Hintergrund gegangen, das eigentliche Leben ist mir in den Vordergrund gegangen.
Und zu merken, dass die Konventionen eigentlich nicht mehr für mich in dieser Lebensphase passend sind, dieses Unterwerfen auch bestimmten Regeln und bestimmten Outfit.
Das andere ist der Kontakt zum Yoga, der mich wieder in andere Bereiche gebracht hat, sei es jetzt wirklich auch wieder Kontakt aufzunehmen mit meinem Körper und meinen Körper auch wertzuschätzen und mit ihm zu arbeiten, was im Theravada-Buddhismus ja eher tabu ist.
Das heißt, das Körper wird eher als negativ und unbedeutend gesehen.
Und es ist eher so ein Kampf gegen körperliche Bedürfnisse, als mit dem Körper zu leben und ihn als einen Organismus wertzuschätzen, sage ich einmal, mit all dem, was natürlich ein menschlicher Körper in sich hat, inklusive Thema auch natürlich Sexualität und Erotik, was als Mensch natürlich absolutes Tabu ist.
Und dann ist auch wieder irgendwie durch dieses Eindauchen in diese Yoga-Szene in Sri Lanka, bin ich wieder mit Menschen in Kontakt gekommen, die mich als Mensch sehen und auch so einfach annehmen, wie ich bin und nicht, für die es völlig egal war, ob ich jetzt Mönch bin oder nicht.
Das Mönchsein in Sri Lanka oder in diesen buddhistischen Ländern ist halt immer was Hierarchisches.
Jeder schaut nach dir rauf.
Niemand gibt dir ein ganz natürliches, normales Feedback.
Und das, glaube ich, ist für die spirituelle Entfaltung, aber auch im weltlichen Leben extrem wichtig, dass wir wachsen können.
Und wenn das fehlt, dass dir jemand einfach auch mal einen Spiegel vorhält, dann hast du nicht diese Möglichkeit, dass du Themen auch bei dir selber anschauen kannst, die da sind, aber dir den niemand rückmeldet.
Dann kommen wir gleich ins Jetzt und in den Alltag.
Du hast dir selber als Interviewthema gewünscht, dass wir über Spiritualität im Alltag leben.
Was bedeutet das für dich überhaupt, die Spiritualität?
Ich würde Spiritualität am leichtesten nicht passiv definieren, nicht aktiv, sondern eher passiv definieren.
Für mich ist Spiritualität das, was wir im Alltag nicht wertschätzen oder nicht leben.
Also auf einer feineren Ebene, all das, was im Alltag im Vordergrund steht, all das Sichtbare, all das, wo es um Stellung, um Wert geht, um Geld, um materielle Dinge, um materiellen Besitz.
Das ist sozusagen das, was bewusst dem Rücken zugewandt wird und all die Bereiche, die sich dann dahinter auftun oder die dann sichtbar werden, aber die im üblichen, im normalen Leben gar nicht wahrgenommen werden können, nicht geschätzt werden und die schon gar nicht in den normalen Nachrichten, in den News, in den Medien im Generellen vorkommen.
Und was ist es, was da auf uns wartet, wenn man auf das schaut, was sich hinter der materiellen Welt offenbart?
Ja, wenn wir jetzt wirklich ins Absolute gehen, also wenn wir ganz in die Tiefe gehen, dann erwartet uns dort eine Zeitlosigkeit, dass wir nicht mehr gedanklich in der Vergangenheit sind oder in der Zukunft, sondern mehr und mehr in diesem unmittelbaren Augenblick.
Und es erwartet uns auch so ein bisschen dieses Auflösen von, ich bin hier und da draußen ist die Welt.
Und es erwartet uns vielleicht auch dieses Aufbrechen der Illusion, ich bin machtlos und ich kann das Leben nicht gestalten, sondern ich bin mittendrin.
Und das, was eigentlich zählt, ist immer nur dieses Hier und Jetzt.
Das heißt nicht, dass ich immer das lebe, aber es ist das, was, wenn wir ein bisschen da hinein tauchen, zumindest eine Ahnung davon bekommen.
Jetzt spreche ich in zwei Extremen, das eine, du hast es vorher erklärt, dass wir davon wegkommen, hier bin ich und hier ist die Welt.
Und manchmal gibt uns diese Vorstellung halt oder auch, dass Dinge wirklich fest sind.
Das gibt dann scheinbare Sicherheit.
Dann hast du umgeschwenkt hin.
Wir kommen aber dann dazu, wenn wir dahinter schauen, dass wir die Gestalter der Welt sind.
Kannst du das noch ein bisschen näher erläutern?
Bevor ich da reingehe, muss uns einfach klar werden, dass es unterschiedliche Wirklichkeiten gibt, in denen wir leben.
Das eine ist die Alltagsebene, die wir gerade angesprochen haben.
All das, was irgendwie definierbar ist, messbar ist.
Die ganze Wissenschaft, die ganze Physik ist auf dem aufgebaut.
Und das sind auch Konventionen, wie zum Beispiel die Konvention von Geld, dass ein Geldschein einen bestimmten Wert hat.
Das ist die eine Wirklichkeit.
Die andere Wirklichkeit ist die psychische Wirklichkeit.
Das ist das, eigentlich die Realität und die Wirklichkeit, in der in erster Linie Kinder leben, die aus Nichts alles machen können, wo plötzlich ein Stein ein Auto wird und ein Ast ein Boot oder sonst irgendwas.
Das ist sehr fantasievoll angereichert, aber für das ist im Moment das die absolute Realität, also die Realität, in der sie leben.
Und es ist auch die Realität, die wir in den Träumen und den Fantasien begegnen, die aber nicht unbedingt mit dem zu tun haben, was jetzt hier so offensichtlich und genau definiert werden kann im Alltag und auch gemessen werden kann.
Und die meisten Menschen leben in erster Linie in der Alltagsrealität und hier und da schwenken sie dann über in diese innere, psychische Realität.
Es kann manchmal dann auch, wenn die Alltagsrealität sehr frustrierend ist, jetzt manchmal eine Flucht oder auch durch Drogen kannst du dich sozusagen da rausziehen aus dieser Alltagsrealität.
Aber im Grunde sollten beide einen Wert haben.
Wie macht man das, wenn man jetzt nicht aktiv danach sucht und nicht meditiert?
Du sagst, jeder Schwange schwenkt dann mal ab in diese andere Form der Realität.
Wie macht man das unbewusst oder wie passiert das?
Nicht unbewusst, einfach mehr intuitiv zu lauschen, zu hören, was sagt das Herz, sondern nicht der Verstand.
Zu spüren, irgendwas kann es nicht rational erklären, aber irgendwas fühlt sich da gerade nicht stimmig an.
Und dann kommt sofort der Ratio, der Geist und sagt, nein, nein, das macht schon Sinn oder so.
Wir werden da sehr gezogen auch, was andere darüber denken.
Aha, die Mehrheit denkt so, wir haben das sicherlich auch die letzten paar Jahre gut erlebt, wo in die Massen gehen und dann heißt es, ja, wenn so viele dran das glauben, dann ist es sicherlich richtig und wir verdrängen dann unsere Intuition, dieses feine Gefühl.
Also da geht es schon los.
Da geht es schon los.
Oder auch einfach in der Natur zu sein, einfach mal das zu beobachten, wie es ist, nicht die Natur als wissenschaftliches Objekt zu sehen, sondern einfach zu riechen, zu spüren.
Das, was wir als Kinder ganz natürlich gemacht haben, ein Gänseblümchen als ein Universum zu sehen und nicht zu denken, es ist ein Gänseblümchen wie Milliarden andere und ich weiß, was ein Gänseblümchen ist, das hat Sinn, aber das hier ist gerade etwas Einzigartiges, was immer im Wandel ist.
Also diese Art der Kommunikation mit dem Universum, sage ich einmal, und dieses Nicht-sich-getrennt-Fühlen und schon gar nicht es in Namen hineinzubringen oder zu begrenzen, sondern es namenslos zu begegnen.
Das ist schon dieser Schritt in diese Fantasien, in dieses sinnliche Erleben, sage ich einmal.
Das ist ja auch das, was im Ayurveda so schön erklärt wird, das Prana, die Lebensenergie, die wohnt all im Inne und diese übergeordnete Intelligenz, die richtet einfach alles.
Das hat eine natürliche Ordnung und die ist unbegrenzt.
Und ich finde es schön, dass du Zugang bringst zu dem Thema, der religionsfrei ist.
Das heißt, es braucht dazu keinen religiösen Hintergrund.
Überhaupt nicht.
Ganz im Gegenteil.
Der religiöse Hintergrund oder irgendwelche Glaubensbekenntnisse gehen ja außen Kopf wieder raus.
Das ist ja oft das, wo wir intuitiv vielleicht überhaupt keinen Zugang haben, sondern wo es einfach sagt, das ist das Gebot oder nach dem sollen wir leben, obwohl es vielleicht intuitiv ein ganz anderes Bedürfniskriterium ist.
Nur ein Beispiel, ich gehe zurück noch einmal auf mein Mönchsein.
Es gab die Regel, dass du nur ab dem Morgen kaum bis zur Mittagszeit essen darfst.
Das heißt, du ignorierst dieses natürliche Gefühl des Hungers ab dem Nachmittag, am Abend oder wann auch immer.
Aber das ist die Regel.
Das heißt, du gehst eigentlich gegen ein Naturgesetz und der Geist muss extrem stark sein, dass er das aushaltet, weil sonst würde er sagen, ja, ich habe Hunger, warum soll ich jetzt nicht essen?
Und deswegen ist diese Erfahrung auch, die ich als Mönch gehabt habe, wo ich merke, das bringt überhaupt nichts und das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass ich spiritueller bin, wenn ich so eine Regel einhalte.
Ganz im Gegenteil, ich bin zwar religiös, aber nicht unbedingt spirituell, weil ich das Lauschen auf den Organismus eigentlich ignorieren muss.
Nun mal ein anderer Blickwinkel auf Spiritualität.
Wie zeigt sich das deiner Meinung nach in einem Menschen, dass er eine spirituelle Verwirklichung oder einen spirituellen Weg schon gegangen ist?
Wie zeigt sich denn das im Umgang mit anderen oder im Leben?
Mir fällt da immer dieses Beispiel ein, das ich in einem Buch gelesen habe vom Jack Kornfield, das heißt, es heißt so irgendwie, es heißt, wie heißt das Buch?
Genau, Nach der Erleuchtung, Kartoffeln schälen und Wäsche waschen und so irgendwas.
Aber den Titel kann ich dir genau sagen.
Darin gibt es die Story, es ist ein extrem interessantes Buch, weil es eigentlich ganz ehrliche Interviews und Berichte sind von Leuten, die jahrzehntelang in einem spirituellen oder religiösen Weg gegangen sind und die einfach so den Schein einmal ablegen, den sie nach außen hin abstrahlen und wirklich sagen, wie es ihnen eigentlich geht.
Und da gibt es so die Story darin, wo ein Meister gefragt wird, sag mir, wie erleuchtet du bist.
Und er sagt, frag nicht mich, sondern frag meine Frau, meine Kinder, meine Nachbarn, meinen Arbeitgeber, meinen Arbeitnehmer oder so auch immer.
Das heißt, in diesem alltäglichen Umgang ist eigentlich das, wo man sieht, okay, hat sich da schon eine spirituelle Entwicklung ergeben oder nicht.
Und das drehe ich jetzt um.
Ich würde sagen, es gibt einige Leute, die schon Jahrzehnte sehr intensiv und auch manchmal sehr asketisch auf einem sogenannten spirituellen Weg sind, aber eigentlich die Qualität von Lebensfreude, von Sanftheit, von Freundlichkeit überhaupt nicht umgesetzt haben.
Weder mit sich selber, noch mit anderen.
Und andererseits gibt es Leute, die überhaupt nicht das Gefühl haben, dass sie spirituell sind, die sich um nichts kümmern, im Sinne von, die auch keine routinierte Praxis haben, nicht regelmäßig meditieren oder Joggen machen und die aber trotzdem ein unglaublich tiefes spirituelles Leben leben.
Also es ist nicht so das, was wir nach außen hin vielleicht schon irgendwann einmal gemacht haben oder machen an Routine.
Es ist eher das, wie ist die Lebenseinstellung.
Wie ist die Einstellung zu mir, wie ist die Einstellung nach außen, wie ist meine innere Haltung, wie ist meine äußere Haltung, wie ist meine Lebenshaltung.
Kannst du noch ein bisschen Einblicke geben in diese innere Haltung?
Was hat sich da verändert bei dir?
Du hast ja schon ganz früh angefangen, vielleicht ist das gar nicht mehr so präsent, aber was ändert sich denn da im inneren Erleben und wie man in die Welt schaut?
Das, was ich am ehesten so bewusster wahrnehme, ist diese entspannte Gelassenheit mir selber gegenüber zunächst einmal.
Das heißt dieses Wegkommen vom Perfektionismus, Wegkommen von Erwartungen, Wegkommen von das muss ich so machen und das darf nicht anders sein und Wegkommen von dem mich selber vorurteilen oder ein Schuldgefühl haben, wenn irgendwas mal nicht gelingt.
Also dieses eher, ja dann ist es so, diese Entspanntheit, dieses einfach auch zulassen können, dieses mehr mit dem Lebensfluss zu gehen als den Weg vorzubestimmen.
Und wenn das mit mir selber möglich ist, mit meinem Körper, der natürlich seine Grenzen immer wieder aufzeigt, mit meinen Gedanken, mit meinem Geist, die auch ihre Grenzen und ihr Eigenleben haben, mit meinen Gefühlen, mit meinen Emotionen, mit den ganz normalen alltäglichen Lebenssituationen, wenn das möglich ist, dann ist auch das möglich gegenüber den wichtigsten Menschen, denen ich begegne.
Das ist immer der, der mir gerade gegenüber sitzt.
Und gegen die wichtigsten Situationen im Leben, das ist immer die, die ich jetzt gerade mache.
Und der wichtigsten Zeit im Leben, das ist einfach der Augenblick, den ich jetzt in diesem Moment gerade erleben darf.
Ach, das ist superschön.
Das klingt sehr hochgestochen und wenn du jetzt die Daniela fragen würdest, und wie lebt er das?
Ja, da hinkt er schon noch ganz schön nach.
Aber es ist schon immer wieder so ein Rückkoppeln oder so, das sich immer wieder bewusst machen.
Ich merke schon, die Mühen malen langsam, aber irgendwie spüre ich so zunehmend einfach eine Zufriedenheit, wo ich gerade bin.
Also dieses nicht, wenn ich gerade dort wäre, oder ach, das war schön in der Vergangenheit, sondern okay, das ist jetzt gerade da.
Das ist auch okay.
Dann ist es halt die Buchhaltung.
Ich finde es echt irgendwie spannend, eine Buchhaltung zu machen.
Es klingt zwar blöd, aber solche Sachen, wo ich mir denke, ja.
Man schätzt dann das, was vor der Nase ist.
Ja, irgendwie.
Was hat das Yoga dann verändert?
Du hast auch davon gesprochen, dass das Yoga dich wieder in Kontakt mit deinem Körper gebracht hat und du stehst ja heute für Yoga und Meditation.
Was war da das große Aha-Erlebnis?
Na ja, da muss man zunächst einmal wissen, dass ich kann jetzt nur über den Theravada-Buddhismus sprechen, in dem ich groß geworden bin und einige Jahre gelebt habe.
Aber da ist ja eigentlich der Körper etwas, gegen das du kontinuierlich irgendwie kämpfen musst und den du erziehen musst.
Das heißt, du gehst nicht intuitiv nach dem, wie sich gerade der Körper anspürt, sondern es gibt bestimmte Regeln und es gibt bestimmte Ziele und du sollst eigentlich deine körperlichen Bedürfnisse eher möglichst, zumindest im Zaum halten oder möglichst auch reduzieren.
Ich spreche jetzt nur ein paar wichtige Grundbedürfnisse, möglichst wenig schlafen und möglichst wenig essen.
Das Ausleben der Sexualität ist sowieso ein Tabu.
Also all das, was eigentlich, wo man denkt, warum arbeite ich jetzt an meinem Körper?
Und durch dieses wieder mit dem Körper zu praktizieren und speziell auch, ich hatte am Anfang sehr eine, wie soll ich sagen, interessante und sehr, Yoga-Lehrerin, die sehr intensiv auch die Asanas praktiziert hat.
Genau das habe ich gebraucht, weil Meditation war eh schon zu genüge abgedeckt, aber ich brauchte wirklich den eher akrobatischen Zugang zu dem Ganzen und das hat mich wirklich fasziniert und das hat eigentlich so wieder Energien freigesetzt im Körper, die irgendwie sehr verschüttet waren.
Und das ist dieses wieder mit dem Körper zu leben, statt gegen den Körper zu leben.
Mit den Bedürfnissen zu leben, wirklich zu lauschen, okay, wie fühlt sich das an?
Ich meine, bei mir war es halt so extrem, dass dieses, ich habe so lange mein Hungerbedürfnis halt kontinuierlich unterdrückt, bis ich mir im Endeffekt Gastritis gekriegt habe über Jahre und solche Sachen.
Genau, und das ist einfach ein völlig anderer Zugang.
Und natürlich, wenn man jetzt genauer anschaut, wenn man ganzheitlich Yoga betrachtet, sind Asanas eigentlich nur ein Teil.
Dann gibt es ja noch diese Übungen, wo es mehr um Lebensenergie geht oder um Prana und dann gibt es eben meditative Aspekte und der transpersonale oder der tiefere Aspekt, wo es mehr um die eigentliche Essenz geht.
Aber jetzt das, was mich wirklich wieder eine Spur mehr in Balance gebracht hat, war eben dieses wirklich intensive, in diese intensive Asana-Praxis.
Und jetzt natürlich ist es wirklich so, wo du denkst, ja, ich mache es, weil es meinen Körper gut tut, relativ reduziert.
Und für mich ist Yoga mehr eine ganzheitliche Form der Ausrichtung.
Wie schaut denn der eigene Yoga-Praxis aus?
Also, das sind wenige Übungen und die adressieren im Grunde das, was so meine Schwachstellen sind, wo ich weiß, ich muss mit denen lernen umzugehen.
Ich habe eine ziemlich eigenartige Wirbelsäule, aber es ist im Grunde eher so, dass ich jetzt so keinen sehr ausgiebigen Asana oder körperlichen Workout habe in der Yoga-Praxis.
Da ist für mich eher im Vordergrund, dass ich in die Natur gehe, oder auf den Berg gehe, oder mit dem Rad fahre, oder wandern gehe, oder solche Sachen.
Das sind die Sachen, aber so eine regelmäßige Praxis, das ist nicht lang, das sind vielleicht 15, 20 Minuten, aber die muss ich fast gezwungenerweise machen.
Und das tut auch dann gut, aber es ist nicht so, dass ich jeden Tag, als Mönch hatte ich die Zeit, drei Stunden am Tag einfach nur auf der Yogamatte zu sein.
Deswegen habe ich da Dinge machen können, die mittlerweile undenkbar sind, und ich habe auch nicht mehr den Ehrgeiz dazu, alles Mögliche machen zu können.
Aber das klingt so, du hast dich auch schon wieder befreit.
Ja, natürlich.
Du hast den extremen Weg und dann…
Ja, ja, aber völlig.
Das ist auch schon eine Phase, die ich wieder durchgegangen bin, die wichtig war, weil ich weiß, was es heißt, auf volle Dupe reinzuhauen, aber die auch wieder, wenn alles, was ins Extrem getrieben wird, ist einfach irgendwie nicht gesund.
Aber manchmal muss man die Extreme austesten, um dann zu schauen, okay, was ist die eigentliche Mitte.
Und die Meditation, wie lebst du die heute und was gibst du da weiter?
Du bist ja Meditationslehrer und auch Yogalehrer, du verbindest die beiden Elemente.
Wie machst du das?
Also Meditation ist immer relativ.
Meditation kann unterschiedlich verstanden oder interpretiert werden, aber für mich einfach dieses stille Sitzen, sei es nur am Morgen für 20, 25 Minuten oder am Abend noch einmal für 5 oder 10 Minuten vorm Einschlafen.
Es ist irgendwie so, wieder in diesen Kontakt aufnehmen, in diese Zeitlosigkeit, in diese Grenzenlosigkeit, in dieses Aufgeben der eigenen Persönlichkeit, die eigenen Gedanken nicht ernst nehmen, sich nicht mehr mit dem identifizieren, was auf der Alltagsebene ich natürlich bin.
Und das ist irgendwie so ein Erholungspol, sich wirklich so rauszunehmen und alles nicht mehr so ernst zu nehmen.
Das gelingt mir im Alltag in dieser Form einfach nicht, als wenn ich wirklich innehalte und die Augen schließe.
Das heißt jetzt nicht, dass das absolute, tiefe, transartige Meditationszustände sind, aber es ist einfach so ein Innehalten, ein Wachsein, aber trotzdem nicht mehr ein Mitgerissen werden von dem, was gerade in meinem Alltag oder draußen in der Welt passiert.
Das ist eigentlich für mich fast so wie ein Lebenselixier.
Das brauche ich mehr als die körperliche Praxis.
Ich kann eher auf die körperliche Praxis verzichten, aber auf das schwierig.
Wie kommt man denn dorthin, dass das so wertvoll wird?
Weil wenn man nicht meditiert, dann ist das vielleicht ein bisschen abstrakt, dass man dann dort sitzt.
Ja, das ist ja langweilig, weil das so abseits dessen ist, was wir gewohnt sind, mit unserem Geist zu tun.
Wie kommt man denn dorthin, dass man sagt, das gibt mir so viel Kraft, ich möchte nicht mehr darauf verzichten.
Da gehe ich jetzt zurück auf meine ersten Anfänge der Meditation.
Das war mit 17 Jahren, 16, 17 Jahren ungefähr.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo der Impuls gekommen ist, vielleicht sogar von unserem Religionslehrer oder so irgendwas, aber da war der starke Impuls da.
Ist es möglich, dass ich mit mir selber für 10 oder 15 Minuten einfach nur bin, ohne Ablenkung, ohne was zu lesen, ohne sonst irgendwie die Sinne nach außen zu richten, ohne was Schönes zu betrachten, ohne was Angenehmes zu hören.
Das war mein Impuls, dass ich angefangen habe, einfach diese 15, sage ich mal, 15 Minuten, 10 oder 15 Minuten mit mir auszuhalten.
Und das sind damals und bis heute nicht unbedingt immer nur schöne, wunderbare Momente.
Aber ich habe gelernt, mit dem auch zu sein, auch wenn es gerade nicht angenehm ist.
Das heißt, diese Kunst dem Unangenehmen oder dem, was sich gerade nicht okay anfühlt, ein Okay zu geben.
Und wenn mir das in diesem klaren Zeitrahmen möglich ist, dann ist es mir auch wesentlich leichter möglich, in meinem Alltag und mit all dem, was herum ist, auch dem ein Okay geben, auch wenn es gerade nicht für mich stimmig ist.
Also es geht nicht nur darum, jetzt in der Form, wie ich praktiziere, immer nur möglichst den schönen Erfahrungen nachzulaufen in der Meditation, weil dann kann ich gleich jedem sagen, fange gar nicht an, weil das wird nie passieren.
Es gibt unterschiedliche Phasen der Meditation, aber wenn du mal gelernt hast, mit dem unangenehmen Phasen auch entspannt zu sein, freundlich zu sein, dich nicht so sehr persönlich zu nehmen, dich nicht damit zu identifizieren, zu sehen, dass eine Wut oder eine Angst, die Kata ist auch einfach nur eine Wut oder eine Angst ist und auch entsteht und wieder vergeht.
Wenn du das mehr und mehr bei dir selber auch erlebst, dann nimmst du die Meditation auch nicht mehr als Ziel wahr.
Das heißt, ich muss in die Ruhe kommen, ich muss in die Liebe kommen, sondern du nimmst es als einen Prozess wahr, wo du einfach mit dabei bist und das du beobachtest.
Und es gibt natürlich unterschiedliche Formen der Meditation.
Das eine ist, du konzentrierst dich auf ein Thema und das andere ist, du setzt dich einfach hin und bist gewahr, was an Themen gerade in dir hochkommt in diesem Moment.
Und das kann einfach nur gewahr sein, was gerade da ist, außen an Geräuschen oder auch körperlich an Empfindungen oder es kann ein seelisches Thema hochkommen.
Wie geht man damit um, mit den Gedanken, die hochkommen?
Das eine sind Gedanken, das andere sind wirklich auch Emotionen.
Ja, das ist jetzt die Frage.
Man geht am besten gar nicht um.
Also man versucht, sie nicht zu verändern, zu korrigieren, zu bewerten, was wir normalerweise im Alltag immer machen, sondern lässt sie einfach mal zu und beobachtet sie wertfrei, siehst, wie sie sich verändern, nimmst all das nicht persönlich, lässt sie entstehen, wenn sie kommen, lässt sie gehen, wenn sie ziehen und bist nur der Beobachter, der Betrachter von dem Ganzen.
Wie unterrichtest du das als Meditationslehrer, dass man lernt, das zu tun, was du gerade beschrieben hast?
Gibt es dafür verschiedene Typen von Menschen, verschiedene Formen, wie man den Zugang findet?
Ich glaube, ich unterrichte in einer Art, wie ich es nie gelernt bekommen habe, dass man unterrichtet.
Und ich schätze, ich unterrichte jetzt seit 1999, 25 Jahre Meditation.
Also das ist natürlich wesentlich.
Ich meditiere länger, aber ich unterrichte aktiv jetzt 25 Jahre.
Das ist jetzt schwierig, das in Worte zu fassen, weil ich glaube, ich unterrichte intuitiv und nicht so nach einer Methode.
Ich habe eine bestimmte Idee, aber ich glaube, ich spüre dann einfach hin, welche Worte dann kommen.
Es ist schwierig, zu beschreiben.
Also es ist vielleicht weniger technisch, weil man könnte ja auch beschreiben, wie man einen Geist lenken kann, einen Körper.
Oder hilfst du den Leuten eher, dass sie in einen bestimmten Zustand kommen, wo totale Entspannung entsteht und wo man überhaupt in das Beobachten kommt?
Genau, ich versuche, die Leute in keine Zustände zu bringen.
Ich versuche ganz im Gegenteil, die Leute dazu einzuladen, alles, was im Moment gerade da ist, einfach nur mal sein zu lassen.
Nicht zu verändern, nicht wegzuatmen, nicht zu bewerten, nicht persönlich zu nehmen, sondern einfach nur mal da sein zu lassen.
Und ich glaube, ich habe die Vermutung, ich bin kein Psychologe, ich bin kein Psychotherapeut, aber ich glaube, dass diese Methode mir als Mönch, dass das dadurch ganz viele Themen einfach gelöst hat, ohne dass ich sie jetzt aktiv bearbeitet habe.
Du kannst dich, wenn du Wochen, Monate lang einfach nur allein bist, in einer Gegend, wo du nicht abgelenkt bist, speziell jetzt in den Höhlen oder in den Urwäldern, wo ich gelebt habe, es kommen einfach Themen hoch.
Und ich glaube, ich habe einfach gelernt, mit dem sein zu können.
So wie in diesen 10, 15 Minuten, dieses Rendezvous, ich nenne es manchmal Rendezvous mit mir selber.
Und dass ich da ohne äußere Hilfe, sondern einfach mit dieser Geduld und mit dieser Freundlichkeit mir und meinen Themen gegenüber, dass ich da ganz viel lösen konnte.
Und dass eigentlich, ich sage mal, alle Leichen ausgegraben wurden, die da irgendwo im Keller sind, weil wir alle Menschen sind.
Das kommt von selber dann hoch.
Du kannst es, ich meine, du hast ja keine Chance, das irgendwie zu unterdrücken.
Du kannst es eine gewisse Zeit deckeln, aber auch, wenn du intensive Retreats machst, wo du dann, ich sage mal, über einen Monat lang, 14, 16 Stunden meditierst, es kommt alles hoch, was irgendwie hochkommt.
Muss oder kann.
Und das gibt dann so eine Leichtigkeit, du musst von nichts mehr wirklich davonlaufen.
Weil du auf langen Zeiträumen einfach dich so aufgemacht hast, dass alles aus dem Unterbewussten oder aus der Vergangenheit hochkommen darf.
Und ich glaube, das ist vielleicht auch das, warum es so schön ist, einfach für mich, einfach sich hinzusetzen, die Augen zu schließen, einfach zu schauen, weil keine Angst da ist, dass irgendwas ganz Schreckliches kommt.
Oder dass irgendwas kommen muss.
Ich habe ja keine Erwartung, dass das jetzt jedes Mal ekstatische Erfahrungen sind.
Sondern das, was ist, es ist der einzige Augenblick, und den lebe ich in dieser meditativen Haltung einfach bewusster als auf der Alltagsebene.
Du hast am Anfang davon gesprochen, dass man in diesem zeitlosen Raum, in dem man sich da begeben darf, dass man dann auch drauf kommt, wir sind ja die Gestalter unserer Welt.
Magst du das erklären?
Wenn nicht wir selber, wer dann?
Naja, ich bin gerade stark vom Taoismus fasziniert.
Und die Frage ist immer wieder, und die gibt es aber auch in anderen spirituellen Strömungen, Traditionen.
Magst du kurz erklären, was Taoismus bedeutet?
Tao heißt eigentlich der Weg, es ist eigentlich eine nicht-religiöse Religion.
Weil du absolut keine Gesetzen folgst und keine Autoritäten hast, und an nichts glaubst, sage ich einmal.
Aber deswegen umso mehr spontan mit dem Leben in Verbindung stehst.
Ohne dass die ganzen Konstrukte, die ich sehr wohl durchgelebt habe, durch den Buddhismus, auch durch den Yoga, diese ganzen Regeln, diese ganzen, was wir auch sagen, Disziplinen und ethischen, moralischen Vorstellungen, die wir herumtragen, und natürlich das Katholische.
Ich meine, ich bin ja auch bei den Benediktinen ins Internat gegangen, bei den Herz-Jesu-Messnern in die Schule gegangen.
Das heißt, all das, das hat dort überhaupt keinen Platz.
Sondern intuitiv, die Spontanität, wo du versuchst, schneller zu sein als deine Gedanken, die dir irgendwas einreden.
Und mehr im unmittelbaren Kontakt mit dem, was gerade ist.
Mehr in der Intuition.
Mit dem, was wir eigentlich vorher zuerst auch angesprochen haben.
Genau, dieses Intuitive.
Ja, und da sage ich einmal, wir sind die Gestalter.
Naja, es gibt immer wieder die Frage, naja, was ist jetzt der Unterschied von jemandem, der erleuchtet ist so ein blödes Wort, aber jemand, der wahrscheinlich tiefe Erkenntnisse gewonnen hat?
Was ist der Unterschied von so einer Person zu einer anderen Person, die das nicht hat?
Was ist der Perspektivenwechsel, der geschehen ist oder der zumindest hier und da passiert?
Und die eine Person ist völlig überzeugt, dass er oder sie in der Welt ist.
Ich bin hier und da draußen ist die Welt.
Und vieles geschieht mir einfach.
Und die andere Person ist umgekehrt überzeugt, dass die Welt in mir ist.
Danke.
Was soll man da noch sagen?
Wenn man jetzt den Wunsch hat, mehr Spiritualität ins eigene Leben bringen zu wollen, ich merke, ich bin vielleicht noch nicht dort, wo ich hin möchte.
Was rätst du da, wie man anfangen kann?
Ja, ich meine, im Grunde gibt es so viele unterschiedliche Ebenen, wo man beginnen könnte.
Es gibt, glaube ich, kein erstes oder zweites oder drittes.
Je achtsamer du mit dir selber umgehst, je freundlicher du mit dir selber umgehst und mit all deinen Themen, die auch unangenehm sind, die schmerzhaft sind, die eigentlich nicht passen, die aber trotzdem da sind, umso mehr wird es von dieser Art des Umgangs mit dir selber, also ich sage wiederum, von dieser inneren Haltung in eine körperliche Haltung gehen und diese innere Haltung und diese äußere Haltung wird in eine Lebenshaltung übergehen.
Und das natürlich, man kann auch ganz gezielt ein Buch lesen oder zu irgendeinem Vortrag gehen oder zu einer Yogastunde gehen, aber das ist vielleicht gar nicht so wichtig, sondern vielleicht genügt es einfach, jeden Tag einmal einen bewussten Spaziergang zu machen, das Handy beiseite zu legen, wieder einfach zu spüren in diesem Gehen, wie erlebe ich das im Moment?
Auch nicht versuchen, die Gedanken zu verdrängen, sondern den Gedanken selber in den Raum zu geben, wo sie sich auch sortieren können, ohne dass ich selber anfange zu sortieren.
Einfach wieder mehr Zeit mit mir alleine zu verbringen und mehr bewusste Zeit mit Menschen, die mir wichtig sind, zu verbringen, um das Gefühl der Zugehörigkeit wieder zu erleben, also wirklich lernen, auch zuzuhören und wieder einfach in Verbindung zu treten mit der Welt, weil ich in Verbindung bin mit mir.
Das ist diese Synchronicität, die einfach passiert.
Das heißt, ich muss gar nicht so sehr irgendwas suchen oder den Weg, wie ich das finde, sondern den Geist zur Ruhe kommen lassen, in Verbindung gehen mit mir, mit der Natur und dann mit der Welt.
Das macht schon so viel mit uns, dass sich in unserer Geisteshaltung auch nachhaltig etwas verändern wird, sagst du.
Es gibt Leute, die sagen, naja, ich meditiere, wenn ich einfach im Wald gehe und spazieren gehe und ich finde das extrem stimmig und wichtig und für mich auch nachvollziehbar.
Aber ich glaube trotzdem, egal was es für eine Praxis gibt, egal wo du dich wohlfühlst, das ist, glaube ich, wichtig, dass man das erkennt und das auch kultiviert.
Ich finde aber dennoch, dieses wirklich einmal sich fünf oder zehn Minuten Zeit zu nehmen, die Augen zu schließen, dabei nicht einschlafen zu wollen und einfach nur einmal mit sich selber sein zu können, das ist unumgänglich.
Das ist meine Erfahrung und das ist das, was ich auch den Leuten immer wieder sage.
Dann natürlich, man kann Audio-Meditationen hören oder man kann ein tolles Buch lesen oder man kann auch wandern gehen oder man kann auch beim Geschirrspülen scheinbar meditieren oder Titanila sagt beim Kochen und so, alles okay.
Aber das ersetzt nicht diese Fähigkeit, einfach einmal ein paar Minuten, ich sage mal zehn Minuten sollten es wahrscheinlich schon sein, einfach nur einmal mit sich zu sein.
Und das braucht zwei Sachen.
Das braucht die Liebe zu dieser subjektiven Wahrheit, die du dann erleben wirst, und es braucht den Mut zu dieser subjektiven Wahrheit, die du in diesem Moment erleben wirst.
Und wenn du beides nicht hast, wirst du wahrscheinlich nie in diese Praxis gehen und bleibst vielleicht immer in praktischen, ich sage bewusst stecken, wo du immer von außen Inputs kriegst.
Direkt geführte Meditation und die Yoga-Stunde und die Meditationsstunde und ein Meditationsbuch und ein Buch über dies oder jenes.
Aber das ersetzt nicht diese Fähigkeit, mal wirklich nichts zu tun und nichts zu sein und nichts zu müssen und nicht einmal ein Ziel zu haben.
Wieso braucht es dafür den Mut, das andere loszulassen?
Vielleicht brauchen einige Leute keinen Mut, weil sie keine Themen in sich haben, aber der durchschnittliche Mensch schließt die Augen und dann schaut, was passiert.
Die meisten ist es nicht leicht, mit sich und geschlossenen Augen einmal für eine längere Zeit zu sein.
Das ist der Mut.
Ich finde es auch superschön, dass man inspiriert wird zum Meditieren, weil du da die Schwelle ganz niedrig machst durch das, wie du es beschreibst.
Nämlich, ich muss jetzt gar nicht fancy Meditationstechniken lernen, es ist der Mut, mit sich selber zu sein, sein zu können.
Und das ist schon Meditation nach deiner Definition.
Ich glaube, das ist eher abschreckend, diese fancy Meditationstechniken.
Das ist das, was du machst, die Erwartungen sind so extrem hoch und die Enttäuschung dadurch auch.
Und du bist immer zielorientiert.
Das heißt, du setzt dich hin zur Meditation und die Vorgabe ist, du sollst dich auf das konzentrieren oder auf jenes und das muss dann passieren und so weiter.
Und wenn es einmal nicht so ist und es wird in vielen Fällen auch dann nicht so sein, dann heißt es wieder, ach ich kann das nicht und ich muss nämlich noch mehr anstreben und das ist so ein Teufelskreis.
Statt zu sagen, alles, wirklich alles, was passiert ist okay, aber habe ich die Liebe und den Mut mit diesen Wahrheiten, die da hochkommen und das sind nicht nur angenehme.
Das heißt ja nicht nur, dass ich, wenn ich die Augen schließe und still bin, dass es in mir still ist, ganz im Gegenteil.
Aber kann ich mal mit dem sein, kann ich das aushalten, was da gerade für irgendwelche eigenartigen, blöden Gedanken kommen, was für unangenehme Emotionen sind und ich lasse das einfach mal zu und ich nehme es nicht einmal persönlich.
Ich kann es einfach mal nur anschauen, sein lassen und bin aber mit dem, was gerade ist.
Und vielleicht kommt auch mal ganz was Schönes und Wunderbares, ja umso besser.
Aber es ist meistens eine ganz menschliche Mischung, die dann einfach passiert.
Was wünschst du dir aus deiner Erfahrung, was denkst du, was bei uns braucht in der Gesellschaft, damit wir glücklicher sind?
Also ich glaube, wichtig ist wieder mehr intuitiv zu werden, weniger in Medien sich zu verlieren, inklusive Social Media und ehrlich zu sich selber sein und den Mut zu haben, diese Ehrlichkeit dann auch zu leben und auszudrücken und umzuwandeln.
Und das ist so etwas Intimes und Subjektives, das kann dir niemand abnehmen.
Was ist wirklich mein Herzenswunsch ins Leben?
Was will ich wirklich in die Welt setzen?
Wo ist meine Leidenschaft?
Also das, was Ikigai beschreibt in vier Arten, was liebe ich, was kann ich gut, was hilft der Welt und wovon kann ich leben?
Und das kannst du nirgends draußen erfahren.
Das kannst du nur du selber, für dich selber erkennen.
Und das ist was, wo du sagst, das würde unseren Kindern helfen, wenn wir ihnen das zum Beispiel mitgeben.
Also meine Einstellung ist, beginn nicht bei deinen Kindern.
Ja, das sowieso.
Ja, aber das ist, wenn die Kinder merken, dass du das lebst, dann musst du ihnen nichts lehren.
Weil die Kinder gehen nicht von dem, was ihre Eltern ihnen sagen, sondern was sie leben.
Ja, das stimmt.
Ja, vielen Dank, Florian.
Hast du abschließend noch etwas, was du teilen magst zu dem Thema?
Zum Abschluss, das ist eigentlich ein Zitat, mit dem ich sehr oft Retreats zum Schluss zu Ende bringe, weil es einfach irgendwie die Essenz der Spiritualität und vielleicht auch die Essenz des Lebens gut widerspiegelt.
Es ist ein Zitat von einer der verrücktesten Heiligen in Indien.
Und zwar Nisargadatta Maharaj heißt er, der hat in Bombay gelebt im letzten Jahrhundert.
Und er hat einmal folgende Worte gesagt.
Wenn ich erkenne, dass ich alles bin, das ist Liebe.
Wenn ich erkenne, dass ich nichts bin, das ist Weisheit.
Und zwischen diesen beiden fließt mein Leben.
Vielen Dank.
Danke für das Interview mit dir, Florian.
Vielen Dank.
Bitte.
Du hörst jetzt direkt im Anschluss die angekündigte Meditation mit Florian.
Achte mal darauf, dass du eine für dich stimmige Sitzhaltung einnimmst.
Sei es auf einem Stuhl oder auch am Boden sitzend oder gerne auch liegend.
Und wenn sich das körperlich gut und angenehm anfühlt, dann schliesse mal ganz entspannt deine Augen.
Und habe mal gar keine Vorstellung, was in diesem Moment passieren muss.
Spür einfach nur mal den Boden, auf dem du gerade sitzt oder liegst.
Und spür, wie in diesem Moment du getragen wirst.
Wie der Körper nichts tun muss, um gehalten zu werden.
Und je bewusster du dieses Getragensein von Mutter Erde wahrnimmst, umso mehr kann sich dein Körper entspannen.
Und umso mehr sich dein Körper entspannt, umso eher wirst du dieses Getragensein in diesem Moment wahrnehmen.
Auf körperlicher Ebene.
Und vielleicht wirst du auch spüren, wie dich in diesem Moment das Leben trägt.
Ohne, dass du irgendwas tun musst.
Vielleicht spürst du auch, wie du jetzt gerade von innen und außen belebt und gelebt wirst.
Ohne Ziel.
Ohne Sinn.
Ohne Bewertung.
Ohne irgendwas verstehen zu müssen.
Und dennoch ganz unmittelbar lebendig und offen.
Dann einmal tiefer ein- und ausatmen und die Finger und die Zehen bewegen.
Wenn es sich grad stimmig anfühlt, kannst du auch die Hände in eine Gebetshaltung bringen.
Im Moment nochmal spüren, wie es ist, in diesem Moment gegenwärtig zu sein und in diesem Moment auch dankbar zu sein.
Ganz egal für wen und für was.
Namaste.