Dinacharya – den Tag meistern. Wie unsere Gewohnheiten uns zu dem machen, was wir sind.
Ayurveda heißt im Einklang zu leben – im Einklang mit unserem inneren Universum und mit der Welt um uns herum. Unser Körper ist ein Teil der Natur und unweigerlich mit den Tagesrhythmen, den Jahreszeiten, dem Wetter und allem, was uns umgibt verbunden.
Genau wie die Natur wiederkehrende Rhythmen zeigt wie Sonnenaufgang, Mondphasen, Jahreszeiten, so funktioniert auch unser Körper in wiederkehrenden Rhythmen …
Geburt – Leben – Tod / Essen – Verdauen – Ausscheiden / Schlaf – Wach sein / Einatmen – Ausatmen / Herzschlag / Lidschlag / Menstruationszyklus etc.
Unsere innere Körperuhr ist mit der Natur verbunden. Ayurveda lehrt seit Jahrtausenden die Prinzipien der Chronobiologie, der Kunst unsere biologische Uhr mit der chronologischen Uhr der Natur in Einklang zu bringen. Dinacharya ist die ayurvedische Art den Tag zu meistern.
Inhalt dieses Artikels
» Was ist Dinacharya?
» Das Ziel von Dinacharya
» Gewohnheiten machen uns zu dem, was wir sind
» Fragen zum Erkennen / Entlarven Deiner Routinen
» Dinacharya – die ayurvedische Art den Tag zu meistern
» Vorteile von Dinacharya
» Einführen von Routinen – so gelingts
» Umgang mit Widerständen
» Die wichtigsten Routinen für den Start
Was ist Dinacharya?
Unter Dinacharya versteht man im Ayurveda Empfehlungen für die Gestaltung des Tages. Die Wurzel des Sanskrit-Wortes setzt sich so zusammen: Din ist Tag. Acharya bedeutet Lehrer. Chara bedeutet etwas in Bewegung bringen. Charya heißt Verhalten, Antwort, Reaktion, Ausdruck.
Dinachary bedeutet also lernen, den Tag zu meistern, uns bestmöglich durch den Tag zu bewegen.
Das Ziel von Dinacharya
Jeder Tag ist einzigartig und wird nie wieder zurückkommen. Das Ziel von Dinacharya ist in Harmonie mit jedem Moment und jedem Tag zu leben. Das Beste aus den Möglichkeiten des Moments zu machen.
Dinacharya bringt Achtsamkeit in die Dinge, die wir tun und Bewusstsein für das, was ist.
Gewohnheiten machen uns zu dem, was wir sind
Wir alle haben unsere Routinen – ob wir uns dessen bewusst sind, oder nicht. Unser Körper liebt gewohnte Abläufe. Dabei ist es völlig egal, ob diese Abläufe dienlich oder schädlich sind. Alles, was gewohnt ist, gibt Sicherheit.
Dabei leben wir oft unbewusste Abläufe und Routinen, die uns nicht guttun. Ohne es zu merken, führen sie im Laufe der Zeit zu Problemen und Symptomen, die wir nicht mit unserem Alltag verbinden können. Wir machen doch alles so wie immer? Warum geht es mir plötzlich nicht gut?
Der Grund ist, dass einem Zustand von Unwohlsein oder Krankheit eine längere Zeit von Akkumulation vorausgeht. Ayurveda kennt sechs Phasen der Krankheit. Schulmedizinisch wird Krankheit erst im fünften Stadion als solche entdeckt. Mit Ayurveda kann jeder lernen frühe Stadien von Krankheit zu erkennen und so schwerwiegenden Problemen vorbeugen – Dinacharya ist ein Werkzeug dazu.
Fragen zum Erkennen / Entlarven Deiner Routinen
Jeder lebt in Routinen – selbst dann, wenn Du von Dir sagst, dass Du Routinen nicht leiden kannst und am liebsten Abwechslung suchst.
In vielen kleinen Alltagssituationen wiederholen wir uns – in Gedanken, Worten oder im Handeln. Hier ein paar Denkanstöße zum Entlarven Deiner persönlichen Tagesroutinen.
- Wie starte ich den Tag?
Was denkst Du als erstes morgens, wenn Du aufwachst?
Bist Du müde und drückst den Wecker mehrfach auf Schlummern?
Checkst Du Dein Handy? - Wann esse ich?
Hast Du geregelte Essenszeiten?
Isst Du gerne auch zwischendurch, wenn Dir etwas Leckeres „in die Quere kommt“?
Vergisst Du, dass es Zeit zu essen ist und lässt Mahlzeiten aus? - Was machst Du, während Du isst?
- Was machst Du unmittelbar nach dem Essen?
Aufstehen und Weitermachen? Das Essen fortsetzen mit etwas Süßem? Kaffee trinken? Einen Moment Pause machen? Einen Spaziergang machen? - Was machst Du, wenn Du an der Ampel stehst?
- Wie nutzt Du Deine Zeit, bevor Du morgens außer Haus gehst?
- Wann bewegst Du Deinen Körper? Was ist Deine Motivation dafür?
- Nimmst Du Dir gern zu viel vor?
- Gibt es Zeiten für Spaß, Freizeit, Freude in Deinem Leben?
- Gibt es Zeiten für Erholung in Deinem Leben?
- Welche Gedanken hast Du vor dem Einschlafen?
- Was machst Du, wenn Du unter Tags müde bist?
- Wie gehst Du mit schlechter Laune um?
Wie gehst Du mit schlechter Laune anderer Menschen um? - Was ist Dein erster Gedanke, wenn etwas schiefläuft?
Dinacharya – die ayurvedische Art den Tag zu meistern
Die ayurvedischen Empfehlungen für Tagesabläufe richten sich nach den Rhythmen der Natur. Wir fühlen uns wach und energiegeladen, wenn wir im Einklang mit den Rhythmen der Natur leben. Dinacharya ist die Kunst Kapha in der Kapha-Zeit im Gleichgewicht zu halten, Pitta in der Pitta-Zeit und Vata in der Vata-Zeit zu balancieren.
Vata-Zeit
Wann: 2-6 Uhr / 14-18 Uhr
Prinzip: Bewegung
Elemente: Raum, Luft
Eigenschaften: rau, trocken, kalt, schnell, leicht, beweglich, feinstofflich
Balancieren: durch das Gegenteil der oben genannten Eigenschaften, z.B. Meditation, Ölmassage
Pitta-Zeit
Wann: 10-14 Uhr / 22-2 Uhr
Prinzip: Energie, Transformation
Elemente: Feuer, Wasser
Eigenschaften: heiß, scharf, leicht, flüssig, durchdringend, sauer, ölig
Balancieren: durch das Gegenteil der oben genannten Eigenschaften, z.B. spielerische Aktivitäten, erdende kühlende Mahlzeiten (mittags die Hauptmahlzeit)
Kapha-Zeit
Wann: 6-10 Uhr / 18-22 Uhr
Prinzip: Stabilität, Struktur
Elemente: Wasser, Erde
Eigenschaften: kalt, feucht, schwer, langsam / träge, dicht, weich, stabil
Balancieren: durch das Gegenteil der oben genannten Eigenschaften, z.B. leichtes Essen, Bewegung
Vorteile von Dinacharya
- Geistige und körperliche Stabilität
- Krankheiten werden früh erkannt und vorgebeugt:
Durch bewusste Zuwendung und Interesse an unserem Körper lernen wir ihn zu lesen. Das kann zum Beispiel beim Zungenschaben morgens sein, beim Betrachten unserer Ausscheidungen, beim Beobachten unserer Energie im Tagesverlauf oder durch Erkennen, auf welche Aktivitäten oder Nahrungsmittel wir Lust haben. - Agieren statt reagieren:
Mit dem Einführen bewusster Gewohnheiten werden unbewusste Gewohnheiten ersetzt oder treten ans Licht. Das versetzt uns immer mehr in die Lage bewusst zu entscheiden, wie wir den Moment leben wollen. - Unsere Bewusstheit für Körper und Geist steigt.
Indem wir Aufmerksamkeit auf etwas lenken, fließt Energie dorthin. Das bringt Bewusstsein in unsere Handlungen und wir sind in der Lage die Ergebnisse unseres Handelns zu erkennen.
Einführen von Routinen – so gelingt es
Gute Gewohnheiten können uns zu Wohlbefinden und Gesundheit tragen, während Gewohnheiten, die uns nicht dienen, über längere Zeit das Gegenteil bewirken.
Mit alten Verhaltensmustern zu brechen, die nicht dienlich sind und dafür Neue einzuführen kann zu Widerständen führen. Es erfordert Aufmerksamkeit und bewusste Zuwendung in Form von extra Energie. Das empfinden wir als anstrengend.
Die gute Nachricht ist – Gewohnheiten können wir ganz schnell entwickeln und dann braucht es keinen extra Aufwand mehr. So wie Autofahren lernen – anfangs ist es schwierig und erfordert viel Aufmerksamkeit und Denkleistung. Später haben wir die Prozesse so weit verinnerlicht, dass wir ohne großes Nachdenken Autofahren können.
Gute Gewohnheiten sind Gewohnheiten, die wir unser restliches Leben fortsetzen können. Es geht dabei nicht um schnelle Erfolge. Vielmehr geht es darum, dem Körper ein liebevolles Angebot zu machen und nach 4-8 Wochen zu sehen, wie er drauf reagiert. Es ist nichts, was wir im Sprint schaffen. Es ist besser weniger zu machen und konstant bei einer Sache zu bleiben, damit sie zur Gewohnheit werden kann. So wird daraus eine tatsächliche ERFAHRUNG. Intuitives Wissen kann entstehen, ob diese Gewohnheit dienlich ist oder nicht. Es ist eine andere Erfahrung, als intellektuell etwas einzuführen und Regeln zu befolgen. Das braucht Zeit.
Es ist ein liebevolles Experiment und liebevolles Lenken der eigenen Energie. Positive Tagesroutinen beruhigen Vata und ermöglichen einen guten Energiefluss, der uns unterstützt. Gewohnheiten und Routinen haben außerdem den Vorteil, dass wir unsere Energie bewusst kanalisieren und so auch immer besser in der Lage sind, die Antwort unseres Körpers wahrzunehmen.
Also im ersten Schritt – bewusst machen von Gewohnheiten, die uns nicht nützen und diese langsam durch positive Gewohnheiten ersetzen. Dranbleiben, ohne Stress und mit Nachsicht. Beobachten und Evaluieren.
Jede Kleinigkeit, für die wir heute nur 10 Minuten aufwenden, ergibt im Monat 5 Stunden. Jeder kleine Schritt ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Weniger ist mehr
Für optimale Ergebnisse versuche nicht, alles auf einmal umsetzen zu wollen. Nimm Dir kleine Änderungen vor, setze sie um und bleib dabei. Halte inne, reflektiere und bauen auf dem auf, was Du erreicht hast. Nutze die Ergebnisse Deiner eingeführten Routine, um Kraft und Ausdauer für das Einführen einer nächsten, neuen Praxis zu haben.
Richte Deine Aufmerksamkeit auf die Gewohnheiten, nicht auf das Ergebnis
Wenn Du neue Gewohnheiten einführst und dabei nur das Ziel im Auge hast, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Du diese nicht dauerhaft in Dein Leben integrierst oder aufhörst, bevor Ergebnisse sichtbar sind.
Warum ist das so?
Möchtest Du z.B. Abnehmen hast Du ein klares Ziel vor Augen.
Du bist so lange motiviert etwas zu ändern, bis Du das Ziel erreicht hast. Danach kannst Du endlich wieder Dein „normales Leben“ weiterführen.
Dein „normales Leben“ hat Dich allerdings an den Punkt geführt, an den Du nicht mehr kommen möchtest.
Für dauerhafte Ergebnisse richte Deine Aufmerksamkeit daher ausschließlich auf die tägliche Gewohnheit, die Dir dabei hilft Deine Ziele zu erreichen. Freue Dich jeden Tag, an dem Du die Gewohnheit gelebt hast, die Dich langfristig gesund und froh macht und bleiben lässt. So kannst Du jeden Tag feiern.
Wenn wir gute Gewohnheiten leben, werden sich Ergebnisse unweigerlich einstellen.
Umgang mit Widerständen
Die Art und Weise wie wir neue Gewohnheiten in unser Leben bringen möchten, zeigt uns viel über uns selbst. Vielleicht erkennst Du Dich in einem oder mehreren dieser drei Muster wieder?
- A) Du gehst bedacht vor und führst die Dinge schrittweise ein, wartest Ergebnisse ab und tastest Dich dann weiter vor.
Folge: Du lernst nicht nur intellektuell, sondern auch physiologisch. Du gibst Deinem Körper Zeit, um sich mit der neuen Gewohnheit anzufreunden und kommst in ein intuitives Spüren, was das Richtige für Dich ist. - B) Du möchtest alles auf einmal einführen und richtig machen.
Folge: Da es Dir zu viel wird brichst Du vielleicht vorzeitig ab und/oder kommst nicht in ein tieferes Spüren der Ergebnisse. Die Gewohnheiten können nicht zu Erfahrungen werden. Du kommst nicht ins Spüren und in Deine Intuition, um Ergebnisse richtig beurteilen zu können. - C) Du fühlst Dich überfordert und lässt es daher lieber gleich bleiben.
Folge: Du kommst schwer ins Tun. Du wartest auf einen äußeren Anstoß, wie z.B. eine Aufforderung durch den Arzt, um etwas in Bewegung zu setzen. Du bist verwirrt ob der vielen Möglichkeiten und hast innere Widerstände Dich damit zu befassen.
Die Vorgehensweisen oben entsprechen unseren geistigen Doshas – den Mahagunas.
A = Sattva / B = Rajas / C = Tamas
Mehr zu den Mahagunas erfährst Du hier.
Erkenne Dein Verhalten und lächle drüber. Nimm an was ist und vergib Dir, wenn Du Dich dafür verurteilst.
Das Erkennen Deines Verhaltens ist der erste Schritt zur Lösung. Erkennen und Annehmen hilft Dir, künftig weniger verbissen, frustriert oder lustlos an die Sachen heranzugehen.
Die wichtigsten Routinen für den Start
Egal wo Du im Leben stehst, mit diesen Routinen bringst du Stabilität und Wohlbefinden in Geist und Körper.
- Zur gleichen Zeit essen (zwischen 7 und 8:30 Frühstück, zwischen 12:00 und 14 Uhr Mittagessen, vor 19 Uhr Abendessen).
- Um 22 Uhr ins Bett gehen.
- Tägliche Bewegung in einem für Dich passenden Ausmaß.
Weitere Ayurveda Routinen für Deinen Alltag
frühes Aufstehen
Nasenspülung
Zungenschaben
Ölziehen
Ölmassage
Yoga / Bewegung am Morgen
Meditation
Achtsamkeitsrituale / Ausrichten für den Tag
Dankbarkeits-/ Achtsamkeitsritual vor dem Schlafen gehen